Seit einigen Jahren unterstütze ich junge Nachwuchskräfte in der Informatik mit meinem Wissen. Da nun das neue Lehrjahr und Semester für Auszubildende und Stundeten begonnen hat, möchte ich die Gelegenheit nutzen einen kurzen Einblick in die Information Technology Infrastructure Library kurz ITIL zu geben. Für viele Berufstätige in der Informatik werden diese Arbeitsweisen schon im täglichen Handeln verankert sein, doch für neue IT-Helden ist dieses wichtige Werk etwas ganz neues.
Was ist ITIL?
ITIL mit all seinen Iterationen ist ein weitverbreiteter Leitfaden mit Handlungsempfehlungen für das IT-Service-Management und IT-Prozess-Management. Es bietet Unternehmen einen Rahmen für die Bereitstellung effizienter und effektiver IT-Services. Allerdings ist ITIL kein “One-Size-Fits-All”-Ansatz. Unternehmen sollten sorgfältig prüfen, ob ITIL für ihre Bedürfnisse geeignet ist, und die Implementierung an ihre spezifischen Anforderungen anpassen. Mit diesem letzten Satz ist auch (aus meiner Sicht) erklärt, warum ich nur einen Einblick aus meinem Berufsleben bieten kann.
Warum wurde ITIL erfunden?
ITIL wurde vor meiner Zeit in der Informatik von der britischen Regierung entwickelt. Zielsetzung war die wachsenden IT-Kosten und die uneinheitlichen IT-Praktiken in den Griff zu bekommen. Damals fehlten klar definierte Standards für die Bereitstellung von IT-Dienstleistungen und die IT-Systeme waren oft nicht optimal auf die Bedürfnisse der Kunden eingerichtet. Die Regierung in London erkannte, dass standardisierte Prozesse und Best Practices entscheidend für eine effektive und kosteneffiziente IT-Servicebereitstellung sind. Dabei sahen die Beteiligten einige Vorteile wie:
- ITIL fördert die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen IT-Teams und anderen Unternehmensbereichen.
- Die Vermeidung von Redundanzen und Ineffizienzen trägt zu einer höheren Produktivität bei.
- Vermeidung von Fehlern bzw. Ausfällen durch Dokumentation
Gibt es Nachteile?
Das klingt auf den ersten Blick alles sehr gut und umsetzungswert, doch jedes Mittel hat auch Nebenwirkungen. Eine übermäßig komplexe Implementierung von ITIL kann zu schwerfälligen Prozessen und einem Anstieg der Bürokratie führen, weshalb es auch immer Mitarbeiter (besonders mit Vergangenheit in kleineren Unternehmen) gibt die sich gegen eine Teilhabe an diesen Prozessen wehren. Eine rein technische Implementierung von ITIL ohne Berücksichtigung der Unternehmenskultur und der Mitarbeiter ist zum Scheitern verurteilt. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass der Fokus nicht auf der Einhaltung von Prozessen liegen sollte, sondern auf der Erreichung der gewünschten Ergebnisse (Stichwort: Agiles Arbeiten).
ITIL Module
Changemanagement
Das Changemanagement befasst sich mit der Verwaltung und Kontrolle von Veränderungen an der IT-Infrastruktur und den dazugehörigen Services und Schnittstellen. Es zielt darauf ab, die negativen Auswirkungen dieser Veränderungen auf die operativen Services so gering wie möglich zu halten. Dies wird durch einen klar definierten und kontrollierten Prozess erreicht, der die Planung, Genehmigung, Implementierung und Dokumentation von Changes umfasst. Dies ermöglicht eine bessere Kontrolle über die IT-Infrastruktur und erhöht die Transparenz im Hinblick auf durchgeführte und geplante Veränderungen. So wird auch das Ziel der Reduzierung von Risiken und der besseren Zusammenarbeit erfüllt.
Incidentmanagement
Das Störungsmanagement, ist ein Prozess, der darauf abzielt, IT-Störungen schnellstmöglich zu beheben und die negativen Auswirkungen auf Geschäftsprozesse so gering wie möglich zu halten. Es umfasst die notwendigen Werkzeuge, Konzepte und Verfahren, um eine schnelle und effiziente Störungsbeseitigung im Rahmen der vereinbarten Service Levels zu gewährleisten.
Problemmanagement
Das Problemmanagement zielt darauf ab, wiederkehrende Störungen (Incidents) dauerhaft zu lösen. Es unterscheidet zwischen reaktivem und präventivem Problemmanagement. Wobei man in meinem Umfeld eher das reaktive Problemmanagement sieht und nutzt.
Das reaktive Problemmanagement analysiert die Ursachen von Incidents und entwickelt Vorschläge, um weitere Incidents aufgrund dieser Ursachen zu verhindern bzw. vorzubeugen.
Incidents im Vorfeld zu verhindern ist hingegen Aufgabe des präventiven Problemmanagement, was oft bei Experten unbewusst abläuft.
Im Problemmanagement identifiziert die Grundursachen, die oft Rootcause genannt werden. Der Fachbegriff ist hier Root cause analysis (RCA).
Gibt es nur ITIL?
Obwohl ITIL ein weit verbreiteter Standard im IT-Service-Management ist, gibt es auch alternative Handreichungen. Und besonders für Nachwuchsexperten ist es wichtig über den bekannten Tellerrand zu Blicken.
YaSM
Eine ähnliche Wortschöpfung wie die Suchmaschine YaCy ist der Begriff YaSM, er steht für Yet another Service Management. Es handelt sich um ein praxisorientiertes Framework für Service Management, das eine schlankere und intuitivere Alternative zu ITIL darstellen soll. YaSM bietet eine einfachere Prozessstruktur und kommt mit weniger Begriffen und Konzepten aus.
COBIT
Cobit ist ein Framework für IT-Governance. Es zielt darauf ab IT an den Geschäftszielen auszurichten. Die Abkürzung steht für Control Objectives for Information and Related Technologies.
Others…
- CMMI-SVC
- FitSM
- SIAM
- USMBOK
- VeriSM
Wo wird Service-Management wichtig?
Unternehmen können sich nach internationalen Standards überprüfen und zertifizieren lassen. Auch wenn mir die ISO 20000 als Dokument nicht vorliegt, bekommt man im Arbeitsalltag deren Auswirkungen mit. Die ISO 20000 stellt Mindestanforderungen an das Servicemanagement. Wie jede Norm besteht sie aus mehreren Teilen.
Anders als bei ITIL, bei dem Einzelpersonen betrachtet werden, ermöglicht ISO 20000 eine Zertifizierung des gesamten Unternehmens.
Hinweis
Da ich aus meinen eigenen Erfahrungen schreibe und diese Handbücher sehr anpassbar sind, müssen die Beschreibungen und Hinweise nicht für jeden Leser passen. Ich arbeite seit 2012 mit ITIL in verschiedenen Teams.
Beipackzettel
Das Thema ist langweilig und kann einschläfernd wirken… aber es ist für die moderen IT-Arbeitsumgebung unverzichtbar.